"Aliens at home", 2016, Installationsansicht Galerie Kubackis.

Die einzelnen Teile sind in neue Positionen gewandert.

Ergänzt durch die Personen und den Gummibaum, Tusche, 2005 (entstanden in Israel)

 

 

 

 

"Aliens at home", 2016,

Installationsansicht Atelier Lehrter Straße,

Buntstift und Kreide auf Papier,

210 x 300 cm

Aliens at home, Installationsansicht kubackis wohnzimmergalerie, 2016, Berlin   

 

""Aliens at home" besteht aus fragmentarischen Stücken,

die im gesamten ein Ganzes bilden, eine Monster-Monstera.

 

Diese Pflanze, die ich in Vietnam als wild wuchernd im Dschungel

um Palmen rankend erlebt habe, wird bei uns in

Deutschland gebändigt als Zimmerpflanze gehalten.

Sie ist von ihrem Ursprungslort emigriert und hat sich ganz gut eingebürgert.

Ist sogar etwas "spießig" geworden.

 

Bei meiner Präsentation in kubackis-galerie wuchs

mit anderen Versatzstücken zu einer neuen Ordnung zusammen.

Mit einer Schnur wurden die Arbeiten im Raum verbunden und bilden

so ein rhizomartiges Geflecht mit Knotenpunkten.

Eine Papierrolle liegt zum Überschreiten bereit.

Die Bilder wandern von ihrem gewohntem Platz, gliedern sich aber

in ein neues System ein.

 

 

Selbst mit Emigrationshintergrund, weiß ich, wie es ist aus einem

gewohnten Umfeld gerissen zu werden und sich in neuen Zusammenhängen

wiederzufinden.

In neuen Kontexten lerne ich eine neue Seite von mir kennen

und muss und darf mich neu erfinden.

Dies vollziehe ich mit "Willkommensgewächs", das bei jeder Präsentation

neu zusammengestellt wird.

Zu dem Titel wurde ich insperiert, da ich an der MELO, Berlin, mit sogenannten

Willkommensschüler_innen zusammengearbeitet habe.

Ich wünschte es würde tatsächlich eine Willkommenskultur vorhanden sein

und dieses Wort erschiene nicht euphemistisch angesicht mancher Geschehnisse,

die Angst vor dem Fremden zeigen, eigentlich jedoch aus einer tiefen eigenen

inneren Unsicherheit entstehen.

 

 

Zsuzsa Klemm

 

 

 

Vorgestellt von Jürgen Tomm (Buchhändlerkeller, Berlin):


"Auf der Homepage einer anderen Berliner hatte ich Bilder von

Zsuzsa Klemm gefunden, darunter in einem weiten Farb-All ausgesetzte,

vielleicht verlorene Figuren unter dem Titel "Beyond the space, the space beyond",

und dazu Information über ihren offenbar sehr sorgfältigen Studienweg und

eine lange Reihe von Gruppen- und Einzelausstellungen in Deutschland,

aber auch im Zusammenhang mit Studienaufenthalten und Künstleraustausch

in Israel und Ungarn.

Als mir aber Frau Kubacki das Thema dieser neuen Ausstellung mit

"etwas Florales"  andeutete, fiel schon mal die Klischee-Klappe runter:

Sollte es sich um "Frauenkunst" handeln? Nun, wo ich die Ausstellung

gesehen habe, kann ich die Klappe gleich wieder hochziehen: Willkommen

liebes gutes altes Klischee! Ja, die Kunst einer Frau, einer Künstlerin mit

geradezu hoch dosiertem weiblichem Impetus. Wie das?

 

1. Installationen, wenn sie groß sind, werden gern "raumgreifend"

genannt, oder, wenn ihre Elemente ringsum verteilt sind, sagt man,

"sie definieren den Raum". Das klingt für mich nach Beherrschen,

Vermessen, Zerlegen, herkömmlich gedacht: männlich. Hier aber bildet

die Installation den Raum, um dann in ihn einzuladen, zu verlocken,

in ihn einzutreten. Willkommen in der grünen Hölle, wer den Mut dazu hat

- das liebe Klischee sagt: Höhle? Also weiblich.

 

2.  Wuchernde Pflanzen, geile Triebe sind eine in der Literatur schon

bis zum Stereotyp abgebrauchte Metapher, und die steht für Angst

machende Wollust - so was schreiben Männer wie z.B. der hoch

renommierte griechische Autor Vassilis Vassilikos in seiner

"Griechischen Trilogie". Alles, was so wild wuchert, erschreckt. Auch

bei Autorinnen kann das Wuchernde genau diese Drohung entfalten,

das Immer-Mehr-Werden, das unentrinnbar Um-und-Verschlungenwerden,

wie bei Patricia Highsmith. Nur: Es sind ja auch die Frauen, die das

Wuchernde genussvoll aus so einem kleinen Ableger ziehen - Gegen

seine gigantischen Urwaldvettern helfen Männern freilich nur Machete

und Kettensäge. Damit der Blick frei ist...

 

Doch so einfach ist das nicht, nicht mit dem Männlichen und dem Weiblichen,

nicht mit der Kunst. Wir werden zwar hinein gebeten, aber wo "hinein" eigentlich?

Sind nicht Innenwelt und Außenwelt, alles scheinbar Gegensätzliche nur ein

Denkkonstrukt, um mit der ganzen Komplexität in unserem Kopf klar zu kommen,

wie sich doch auch unsere Gefühle nicht auf getrennten Bahnen von männlich

und weiblich austauschen?

 

"Osmose" steht mit am größten auf dieser Gemengelage, Austausch von allem

mit allem und vor allem von allen mit allen. Der Raum, der vollgestopft scheint,

weitet sich. Indem andere miteinbezogen werden, entsteht mehr Platz,

nicht weniger, könnte eine der Botschaften lauten. Und die Kunst von

Zsuzsa Klemm ist Kunst mit Botschaften. Das mag nicht so richtig angesagt

sein, aber nach ein paar Tausend Jahren Kunst mit Botschaften und hundert

Jahren Kunst auch ohne Botschaften, muss sich keiner Sorgen machen.

Wenn es denn eine Botschaft der Kunst ist. Durch andere Botschaften waten

wir jeden Tag, den Internet werden lässt, bis zu den Knien. Da tut es gut, wenn

jemand mit Herz und Kunst ruft: Verbindet Euch! Schlingt Euch zusammen und

bildet einen Raum, einen Schutzraum für die, die Schutz brauchen. Macht für

sie eine Laubhütte, eine lockere Philodendron-Hülle - "philo" ist schon mal gut,

locker, durchlässig, absichtlich versetzt, vertauscht ist auch gut - nur keine

Dornenhecke für einen "tausendjährigen" Schlaf der Vernunft! Erinnern steht

da statt Angst vor dem Unbekannten. Und deswegen heißt diese Ausstellung

auch "Willkommens-Gewächs". Sogar die guten alten Engel mit ihrer

Spruchband-Botschaft "Friede auf Erden" sind ja schon lange auch in der

Heiligen Nacht nicht mehr sicher vor Beschuss im Luftraum über - na, suchen

Sie sich selber einen aus und danke, dass Sie mir zugehört haben."

 

Jürgen Tomm

 

 

 

 

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